FOCUS-online-Chefreporter Göran Schattauer
Donnerstag, 06.04.2023, 07:55
Es gibt Verbrechen, die einen noch lange nach der Tat aufwühlen. Weil sie so brutal sind, so grausam. Und weil die Umstände und die Vorgeschichte des Falles so unbegreiflich bleiben, dass man sich fragt: Wie konnte das passieren?
Die Aufzählung ließe sich fortsetzen. Immer wieder berichten Medien über Gewaltstraftaten dieser Art. Gewaltstraftaten, die eines gemeinsam haben: Die Täter stammen aus dem Ausland. Aus Afghanistan zum Beispiel, aus Syrien, Somalia, aus dem Irak, aus Eritrea. Sie sind irgendwann nach Deutschland gekommen und haben Asyl beantragt.
Lesen Sie auch:
"Wir schaffen das nicht mehr!" Jeden Tag 1000 neue Geflüchtete in Deutschland
Nach solchen Verbrechen ist die Empörung jedes Mal groß. Und man muss nicht lange warten, bis eine hitzige Debatte das Land erfasst, die sich im Kern um die Frage dreht: Wie groß ist das Ausmaß der Kriminalität durch Flüchtlinge und Asylbewerber in Deutschland?
Während Teile der Bevölkerung spektakuläre Verbrechen wie zuletzt in Illerkirchberg zum Anlass nehmen, Zuwanderer pauschal als "kriminell" abzustempeln, verharmlosen andere Gruppen solche Bluttaten als "Einzelfälle". Doch weder die eine noch die andere Extremposition wird der Sache gerecht.
Das Bundeskriminalamt (BKA) stellt in seinen regelmäßigen Analysen zur Zuwanderungs-Kriminalität fest, dass "der überwiegende Teil" der seit 2015 in Deutschland registrierten Asylsuchenden "strafrechtlich nicht in Erscheinung trat".
Auf Deutsch: Die allermeisten Ausländer und Zuwanderer in Deutschland sind nicht kriminell.
Zur Wahrheit gehört aber auch: Unter den Tatverdächtigen sind sie gemessen an ihrem Anteil in der Bevölkerung deutlich überrepräsentiert. Nachlesen lässt sich das in den polizeilichen Kriminalstatistiken und speziellen Auswertungen des BKA.
FOCUS online nennt die wichtigsten Fakten und Zahlen zur Kriminalität von Zuwanderern. Gemeint sind Asylbewerber, Menschen mit einer Duldung, Kontingent- oder Bürgerkriegsflüchtlinge sowie Menschen, deren Asylantrag abgelehnt wurde.
Im Jahr 2022 konnte die Polizei bundesweit insgesamt 3,003 Millionen Straftaten (ohne ausländerrechtliche Verstöße) aufklären, es gab 1,92 Millionen Tatverdächtige. Mit der Einstufung als "Tatverdächtige" macht die Polizei klar, dass die Täterschaft zum Zeitpunkt der Analyse noch nicht erwiesen bzw. noch keine rechtskräftige Verurteilung erfolgt war.
Zur Einordnung: Von den 83 Millionen in Deutschland lebenden Menschen sind 13,4 Millionen Ausländer, also 16 Prozent. Der Anteil tatverdächtig gewordener Ausländer (32 Prozent) ist demnach mindestens doppelt so hoch wie ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung.
Der Anteil der Zugewanderten an der Gesamtbevölkerung ist deutlich niedriger. So stellten zwischen 2015 und 2022 rund 2,35 Millionen Migranten einen Asylantrag. Bezogen auf die Gesamteinwohnerzahl Deutschlands sind das gerade mal 2,8 Prozent. Ihr Anteil an den verdächtigen Straftätern ist mit 7,4 Prozent fast dreimal so hoch.
Lesen Sie auch:
Erzieherin packt aus - "Du mir nix sagen, du deutsch!": Zoff mit Migranten-Jungs im Kindergarten
Laut der aktuellsten Polizeilichen Kriminalstatistik für das Jahr 2022 wurden Zuwanderer bei folgenden Straftaten als Tatverdächtige registriert:
Auffällig ist, dass die Fallzahlen gegenüber 2021 bei fast allen Delikten zum Teil deutlich gestiegen sind. Mitursächlich dafür "dürfte das Ende der Corona-bedingten Einschränkungen sein, das eine Rückkehr zum öffentlichen bzw. gesellschaftlichen Leben ermöglichte", so das BKA.
Lesen Sie auch:
Illegale Zuwanderung nach Deutschland - 56.000 Migranten müssten sofort zurück, doch Regierung schiebt sie nicht ab
Eine detaillierte Auswertung für das Jahr 2022 zur Kriminalität durch Zuwanderer, etwa zur Altersstruktur oder zu Mehrfachverdächtigen, liegt derzeit noch nicht vor.
Die Jahresstatistiken und Spezialauswertungen des BKA geben Antworten auf viele Fragen rund um das Thema Flüchtlingskriminalität. Aber an einigen Stellen helfen nackte Zahlen nicht weiter.
So weisen Experten darauf hin, dass ein Vergleich zwischen Zuwanderern und der deutschen Gesamtbevölkerung unseriös ist und zu einem verzerrten Bild führt. Grund: Die Einheimischen sind sozial deutlich bessergestellt, außerdem ist der Anteil an Frauen, Kindern und älteren Menschen, die bei Kriminalität allenfalls eine untergeordnete Rolle spielen, deutlich höher.
Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung ist die Gruppe der Zuwanderer im Durchschnitt jünger, männlicher und sozial deutlich schlechter gestellt. Viele Zuwanderer haben keine Möglichkeit zum legalen Gelderwerb und sind deshalb anfällig für kriminelle Handlungen. Einsamkeit, traumatische Erfahrungen, Orientierungs- und Perspektivlosigkeit begünstigen solche Fehlentwicklungen.
Vergleicht man dagegen nur junge Männer aus schwierigen sozialen Verhältnissen mit Gewalterfahrung, so gleicht sich die Kriminalitätsbelastung zwischen Deutschen und Nichtdeutschen stark an.